Was ist eine Autismus-Spektrum-Störung (ASS)?
Autismus ist ein Syndrom. Die Störung beginnt in der frühen Kindheit, aber die Symptome können sich möglicherweise erst später vollständig zeigen, wenn die sozialen Anforderungen an einen Menschen mit Autismus ansteigen und ihn überfordern. Es gelingt den Betroffenen dann nicht mehr, ohne individuelle Hilfen in und mit ihrer Umwelt zurechtzukommen.
Messbare Faktoren für die Ursachen und das Bestehen einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) sind nach aktuellem Stand der Wissenschaft nicht bekannt. Die Diagnostik beruht auf wissenschaftlich fundierten psychologischen Tests und auf Fragebögen, über die ggf. ein Schweregrad ermittelt wird.
Zuständig für die valide Diagnose einer ASS sind ausschließlich Fachärzte für Psychiatrie, sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene. Den Ärzten fällt im Rahmen der Diagnostik die Aufgabe zu, Autismus von anderen psychischen Erkrankungen abzugrenzen und begleitende Störungen (sogenannte Komorbiditäten, sehr häufig ADHS oder Depressionen) festzustellen.
- Defizite der sozialen Kommunikation und sozialen Interaktion, d.h. Schwierigkeiten, in eine wechselseitige soziale Interaktion und Kommunikation einzutreten oder sie aufrechtzuerhalten, hier unter anderem
- ungewöhnliche Formen zur Kontaktaufnahme, z.B. auf dem Umweg über spezielle Interessen oder eigenwillige Formen von Körperkontakt
- Einschränkungen im gemeinsamen Sprachverständnis, z.B. eine auf die reine Sachebene reduzierte Sprache, Missverständnis von Sprichwörtern oder Ironie
- keine oder geringe Fähigkeiten in der nonverbalen Kommunikation, z.B. nicht erkennen bzw. fehldeuten von Mimik wie Ärger oder Freude
- Repetitive und/oder unflexible Verhaltensmuster bzw. Interessen oder Aktivitäten, die atypisch oder übertrieben für das Alter eines Kindes / für einen Erwachsenen sind, z. B.
- sich häufig wiederholende, in der Ausprägung ungewöhnliche Bewegungsmuster
- stures Festhalten an Routinen und Ritualen, heftiger Widerstand gegen Veränderungen in Alltagsabläufen
- Beschränkung auf spezielle, ungewöhnliche Interessen, die mit besonderer Intensität betrieben werden
- stark abweichendes sensorisches Reizempfinden, z.B. Über- / Unterempfindlichkeit gegen Licht, Lärm, Menschenmengen, physische Kontakte oder Schmerz
Auch wenn die Diagnose ASS auf zentralen Kriterien beruht, weisen Menschen mit Autismus ein breites Spektrum an intellektuellen Funktionen und Sprachfähigkeiten auf. Es gilt die Regel: Jeder Autist ist anders.
Die ASS fällt gemäß der 11. Fassung der Internationalen Klassifikation der Krankheiten weiterhin in den Bereich der psychischen Störungen. Die bisherige Zuordnung in Kanner-, Asperger- und atypischen Autismus entfällt aber seit Beginn des Jahres 2022 vollständig. Neu ist eine 5-stufige Zuordnung abhängig vom Intelligenzgrad und vom funktionellen Sprachvermögen eines Betroffenen. In jedem Bereich werden dann zusätzlich die Schweregrade leicht, mittel und schwer festgestellt.