Was ist eine Autismus-Spektrum-Störung (ASS)?

​Autismus ist ein Syndrom. Die Störung beginnt in der frühen Kindheit, aber die Symptome können sich möglicherweise erst später vollständig zeigen, wenn die sozialen Anforderungen an einen Menschen mit Autismus ansteigen und ihn überfordern. Es gelingt den Betroffenen dann nicht mehr, ohne individuelle Hilfen in und mit ihrer Umwelt zurechtzukommen.

Messbare physiologische Faktoren für die Ursachen und das Bestehen einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) sind nach aktuellem wissenschaftlichem Stand nicht bekannt.
Die Diagnostik beruht auf wissenschaftlich fundierten psychologischen Tests und auf Fragebögen, über die ggf. ein Schweregrad ermittelt wird.

Zuständig für die valide Diagnose einer ASS sind ausschließlich Fachärzte für Psychiatrie, sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene. Den Ärzten fällt im Rahmen der Diagnostik die Aufgabe zu, Autismus von anderen psychischen Erkrankungen abzugrenzen und begleitende Störungen (sehr häufig ADHS; Depressionen) festzustellen.

Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) unterscheiden sich von Neurotypischen Menschen (NT) in der Regel durch Auffälligkeiten, die nicht nur vorübergehend auftreten. Der Diagnose werden zwei zentrale Auffälligkeiten zu Grunde gelegt:

  1. Defizite der sozialen Kommunikation und sozialen Interaktion, d.h. Schwierigkeiten, in eine wechselseitige soziale Interaktion und Kommunikation einzutreten oder sie aufrechtzuerhalten,
    o ungewöhnliche Formen zur Kontaktaufnahme, z.B. auf dem Umweg über spezielle Interessen oder eigenwillige Formen von Körperkontakt
    o Einschränkungen im gemeinsamen Sprachverständnis, z.B. eine auf die reine Sachebene reduzierte Sprache, Missverständnis von Sprichwörtern oder Ironie.
    o keine oder geringe Fähigkeiten in der nonverbalen Kommunikation, z.B. nicht erkennen bzw. fehldeuten von Mimik wie Ärger oder Freude.
  2. repetitive und/oder unflexible Verhaltensmuster bzw. Interessen oder Aktivitäten, die atypisch oder übertrieben für das Alter eines Kindes/einen Erwachsenen sind. z. B.
    o sich häufig wiederholende, in der Ausprägung ungewöhnliche Bewegungsmuster
    o stures Festhalten an Routinen und Ritualen, heftiger Widerstand gegen Veränderungen in Alltagsabläufen
    o Beschränkung auf spezielle, ungewöhnliche Interessen, die mit besonderer Intensität betrieben werden
    o Stark abweichendes sensorisches Reizempfinden, z.B. Über-/Unterempfindlichkeit gegen Licht, Lärm, Menschenmengen, physische Kontakte oder Schmerz

Auch wenn die Diagnose ASS auf zentralen Kriterien beruht, weisen Personen, die dem Spektrum angehören, ein breites Spektrum an intellektuellen Funktionen und Sprachfähigkeiten auf.
Es gilt die Regel: Jeder Autist ist anders.

Die ASS fällt gemäß der 11. Fassung der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD 11) weiterhin in den Bereich der psychischen Störungen. An die Stelle der bisherigen Einteilung in Kanner-, Asperger- und atypischen Autismus tritt eine 5-stufige Zuordnung abhängig vom Intelligenzgrad und vom funktionellem Sprachvermögen eines Betroffenen. In jedem Bereich werden dann zusätzlich die Schweregrade leicht, mittel und schwer festgestellt. Die ICD 11 ist am 1. Januar 2022 in Kraft getreten, existiert bisher aber nur in einer Entwurfsfassung. Für eine Übergangszeit bleibt deshalb die Diagnostik nach ICD 10 valide.

Quellen:
https://autismus-kultur.de/autismus-ursachen/
https://autismus-kultur.de/dsm-5-diagnosekriterien/#schweregrade-der-autismus-spektrum-stoerung