Zum Vortrag von Dr. Peter Schmidt am 5. November 2024 in Vallendar
Dr. Peter Schmidt ist Asperger-Autist. Kein Zweifel.
Entlang unzähliger Beispiele zeichnet er seinen steinigen Lebensweg vom hochbegabten Kleinkind bis zur Diagnose als bereits 40-jähriger Erwachsener in fast schmerzhafter Offenheit detailliert nach. Fantastische Erfolge, wo intellektuelle Leistung gefragt war und tiefe mentale Einbrüche, wenn der Autismus seinen Tribut forderte, kennzeichnen die Achterbahn seines Lebens.
Bereits als Grundschüler und zunehmend als Jugendlicher wehrte er sich konstruktiv, aber „im Notfall“ auch handfest gegen Ungerechtigkeit und mangelnde Redlichkeit. Dass Kinder wie auch erwachsene Menschen festgesetzte Regeln um- oder übergehen durften, ohne dass die Verstöße geahndet wurden, das löste Zeit seines Lebens innere Katastrophen aus. Und wenn sein beharrliches Bemühen um Aufklärung schlimmer Vorgänge und seine Vorschläge für Konfliktlösungen als gerechtigkeitsfanatische Attitüde übergangen wurden, dann wusste er seinen Peinigern beizukommen. Die „Vulkanausbrüche“, die sein Leben durchziehen, scheinen immer noch ihn ihm nachzubeben – ebenso sein tiefes Bedauern über vermeidbare Ereignisse, hätte er selbst doch früher seine Diagnose gekannt!
Respektvoll spricht er von den Lehrern, die ihn als Persönlichkeit ernst genommen und beschützt haben. Allen voran sein Grundschullehrer hat ihm als äußerst talentiertem wie auch eigenwilligem Kind Steine aus der Spur geräumt und damit den Weg in sein heutiges Leben angebahnt – ein echter Pädagoge!
Sachferne Formen der Kommunikation und die anders geartete Wahrnehmung sozialer Vorgänge machen ihm das Dasein bis heute schwer. Das bunt gemischte Publikum aus Eltern, Fachleuten und Selbstbetroffenen hatte trotz der lehrreichen schweren Kost sehr viel Anlass zum Schmunzeln. Wenn Peter Schmidt die Beziehungen zu seinen Mitmenschen grafisch in Form von Intensitätsstufen aus Nähe und Vertrauen aufdröselt und die Phasen hin zur Liebesbeziehung zu seiner Frau als mathematisches Diagramm erklärt, dann weiß er um die Kuriosität seiner anekdotischen Erzählung.
Jede Minute des Abends war das Miterleben wert. Peter Schmidt, der Deutschland und die Welt wie kaum ein anderer Mensch bereist hat, sammelt Straßen und hat im Beruf Erfolg. Er kann so viel wertvolles Gedankengut vermitteln, weil er mit seinem Autismus offen umgeht und seine Lebenserfahrungen als Aufgabe versteht, um für Akzeptanz für das Anderssein und für Redlichkeit im Umgang mit diesen Menschen zu werben. Wer mag es als Mitmensch eines autistischen Kindes oder Erwachsenen danach noch fertig bringen, diesem den Respekt für sein Anderssein und die ersehnte wärmende Zuwendung zu verweigern?
Wir freuen uns jetzt schon darauf, Peter Schmidt wieder einzuladen. Er kommt, fest versprochen!
Für den Vorstand, Elisabeth Auer